Hochwertige Bildung, sichere Schulen & aktive Gemeinden: Chancengleichheit für alle Kinder

nedjelja, 15. juni 2025.

Unser Projekt in Kürze

Bildung schafft Chancengleichheit für alle Kinder. Sie ist ein zentraler Eckpfeiler für Entwicklung und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Doch in Bangladesch verhindert ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, dass Millionen Mädchen und Jungen eingeschult werden oder den Grundschulabschluss erreichen. Das staatliche Bildungsangebot weist große Defizite auf und gerade in struktur- schwachen ländlichen Regionen sind Frontalunterricht, hohe Abwesenheitsraten von Lehrkräften und Diskriminierung gegen Kinder aus Minderheitengruppen ursächlich für hohe Abbruchraten und schlechte Lernergebnisse.

 

Genau hier setzt unser Projekt an. Es ermöglicht Kindern aus in extremer Armut lebenden Familien und marginalisierten Bevölkerungsgruppen den Zugang zu inklusiver, gerechter und hochwertiger Vor- und Grundschulbildung an staatlichen Schulen. Es konzentriert sich auf entlegene ländliche Regionen Bangladeschs, die stark von Naturkatastrophen (z.B. Fluten, Zyklone) und den langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind (u.a. viele Schulabbrüche, Anstieg von Kinderehen und Kinderarbeit). Das Projekt fördert eine kindzentrierte Pädagogik, die Rechenschaftspflicht von Behörden und fokussiert sich auf die spezifischen, lokalen Herausforderungen, u.a. Katastrophenvorsorge. Ein umfassender Kapazitätsaufbau der Lehrkräfte, von Schulgremien, Gemeindemitgliedern und der Partnerorganisationen sowie deren Vernetzung und Advocacy-Arbeit schaffen nachhaltige Kooperationsmechanismen zur Einforderung des Rechts auf Bildung für alle Kinder.

Warum wir genau hier aktiv werden

Über zwei Millionen schulpflichtige Kinder in Bangladesch haben aktuellen UN-Angaben zufolge noch immer keinen Zugang zu Grundschulen. In den ausgewählten Projektregionen ist die Lage besonders prekär, u.a. aufgrund fehlender staatlicher Bildungsangebote, mangelhafter Unterrichtsqualität und zunehmenden Naturkatastrophen. Besonders eingeschränkt ist das Recht auf Bildung von Kindern, deren Familien in Armut leben oder Minderheiten angehören. Die Corona-Pandemie hat die Situation verschärft: Kinderehen, Kinderarbeit und Schulabbrüche haben erneut deutlich zugenommen.

 

Unzureichende staatliche Bildungsangebote

In der strukturschwachen Projektregion im Westen Bangladeschs, von den großen Flussläufen im Norden bis in die Küstenregion im Süden, besteht ein großer Mangel an staatlichen Grundschulen. Die wenigen vorhandenen Grundschulen werden von den Bildungsbehörden kaum beaufsichtigt oder unterstützt. In besonders entlegenen Gebieten sind daher oftmals staatlich unkontrollierte Koranschulen die einzige Möglichkeit für den Schulzugang.

 

Inklusive und qualitative Bildungsangebote, die dem staatlichen Lehrplan folgen und diesen gezielt durch eine hochwertige und kindzentrierte Pädagogik sowie außerschulische Aktivitäten ergänzen, sucht man in der Projektregion bisher vergebens. Die jährlichen Kontaktstunden im Unterricht an staatlichen Grundschulen sind nur halb so hoch wie der internationale Standard von 900-1.000 Stunden. Der erwartete Anstieg der Schülerzahlen für die kommenden Jahre übt zusätzlichen Druck auf das staatliche Bildungssystem aus.

 

Geringe Bildungsqualität und fehlende Einbindung der Bevölkerung

Die schwache Qualität des staatlichen Bildungsangebots führt dazu, dass nur etwas mehr als die Hälfte der eingeschulten Kinder die Abschlussklasse erreicht. Zudem ist die Wiederholungsrate von Klassenstufen im weltweiten Vergleich enorm hoch. An staatlichen Schulen durchlaufen die Kinder daher die fünfjährige Grundschulzeit durchschnittlich in mehr als 8 Jahren. Maßgeblich dafür ist die schlechte oder fehlende Ausbildung der Lehrkräfte. Rund ein Viertel von ihnen ist nicht über den eigenen Schulabschluss hinaus qualifiziert. Frontalunterricht, unqualifizierter Einsatz von Lehrmaterialen und ein kinderunfreundliches Lernumfeld sind die Folge. Zudem wird von staatlicher Seite kaum kontrolliert, in welcher Qualität und wie regelmäßig der Unterricht stattfindet. Die schlechte Qualität des Unterrichts an staatlichen Grundschulen steht auch unmittelbar im Zusammenhang mit der Klassengröße. In den unteren Stufen muss eine Lehrkraft oft 50 oder mehr Kinder pro Klasse unterrichten und kann so nicht allen die nötige Aufmerksamkeit widmen. Zudem werden außerschulische Aktivitäten, die u.a. die soziale Entwicklung der Kinder gezielt fördern, oft vernachlässigt. Auch Initiativen der Lokalbevölkerung zur Unterstützung der Schulen und Förderung der Unterrichtsqualität gibt es kaum, da sie nicht gefördert werden.

Gefährdeter Bildungszugang für Kinder aus benachteiligten Gruppen

 In den Projektregionen gilt: je ärmer eine Familie ist, desto seltener bzw. kürzer besuchen ihre Kinder eine Schule. Die Familien benötigen bereits 80 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel. Sie sind somit oft nicht in der Lage, die notwendigen Schulmaterialien und Uniformen zur Verfügung zu stellen oder für Nachhilfe zu zahlen, die aufgrund der schlechten Unterrichtsqualität an staatlichen Schulen erforderlich ist. Daher brechen gerade Kinder aus den ärmsten Familien die Schule frühzeitig ab. Insbesondere Mädchen werden dann minderjährig verheiratet und Jungen müssen bereits im Kindesalter durch Arbeit zum Familieneinkommen beitragen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie haben diesen Trend weiter verschärft, was sich u.a. in der deutlichen Zunahme von Kinderehen und Kinderarbeit bemerkbar macht.


Kinder aus religiösen Minderheiten und indigenen Gruppen erfahren auf allen Ebenen des Schulsystems Benachteiligung und Diskriminierung. Es besteht z.B. ein großer Mangel an qualifizierten Lehrkräften, die Kinder aus indigenen Gruppen spezifisch und kindgerecht fördern können, da diese häufig eine andere Muttersprache als Bengalisch sprechen. Aufgrund von häufigen Demütigungen durch Mitschüler*innen und Lehrkräfte schicken indigene Eltern ihre Kinder aus Angst vor Übergriffen nicht zur Schule.

Zunahme von Naturkatastrophen

Gewaltige Flussläufe prägen die Landschaft der Projektregionen und es kommt regelmäßig zu groß- flächigen, mehrwöchigen Überflutungen. Aktuellen UNICEF-Angaben zufolge sind fast 12 Millionen Kinder ständig durch Überflutungen gefährdet. Im Südwesten des Landes führt der Anstieg des Meeresspiegels zunehmend zur Versalzung von Nutzböden und Süßwasservorkommen. Und in den letzten Jahren treten auch andere Extremwetterereignisse verstärkt auf, z.B. Tornados, Hagelschauer, Dürren sowie Hitze- und Kältewellen. Diese gehen mit erheblichen Beeinträchtigungen für die Lokalbevölkerung einher, z.B. der Zerstörung von Gebäuden und Straßen, Ernteausfällen, dem Auftreten von Krankheiten (u.a. Cholera) und längeren Erwerbsausfällen für die ärmsten Familien, die häufig von Tagelohnarbeit abhängig sind. All dies stellt auch den Bildungssektor vor enorme Herausforderungen. Beispielsweise müssen Schulen wochenlang aufgrund von Überschwemmungen geschlossen bleiben und für die Reparatur von Gebäudeschäden sind weder Mittel noch eine aktive Lokalbevölkerung da, die sich dabei aktiv einbringt.

Wen wir erreichen wollen

Das beantragte Projekt ist Teil eines größeren Projektes mit einer Laufzeit bis Ende 2027, im Rahmen dessen für mindestens 30.000 Mädchen und Jungen der Zugang zu inklusiver, gerechter und hochwertiger Vor- und Grundschulbildung an 120 staatlichen Grundschulen ermöglicht wird. Die Schulen befinden sich in den Distrikten Kurigram, Kushtia und Bagehat. Gezielt werden Kinder aus den ärmsten Familien sowie aus religiösen Minderheiten und indigenen Gruppen gefördert. Zudem werden insbesondere Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt gestellt bzw. deren gleichberechtigte politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe gefördert. Der Anteil von Mädchen in einer Schulklasse beträgt z.B. mindestens 50% und bei Neueinstellungen für das Lehrpersonal werden Frauen bevorzugt berücksichtigt. Bei der Besetzung von Schulgremien wird darauf geachtet, dass diese paritätisch besetzt sind. Durch die gezielte Stärkung der Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Mädchen und Frauen wird ein wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit geleistet. Mindestens 15% der Kinder gehören indigenen Gruppen und religiösen Minderheiten an. Offiziellen Angaben zufolge leben ca. 10% der Kinder in den Projektgebieten mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung. Daher wird an allen Schulen ein besonderer Fokus auf die Inklusion dieser Kinder gelegt. Zur weiteren Zielgruppe des Projektes zählen u.a. die Lehrkräfte der 120 Schulen, Mitglieder bereits bestehender und neu gegründeter Schulgremien sowie Bildungsforen auf Gemeindeebene. Als indirekte Zielgruppe werden u.a. mindestens 90.000 Familienmitglieder der Schulkinder erreicht.

Unsere Aktivitäten vor Ort

 1. Renovierungen und Ausstattung der Grundschulen

Beschädigte Schulgebäude werden mit tatkräftiger Unterstützung der Lokalbevölkerung Instand gesetzt und Schulgelände z.B. durch Aufschüttungen vor regelmäßig auftretenden Überschwemmungen geschützt. Beschädigte Einrichtungsgegenstände, wie Tische, Stühle und Tafeln, werden repariert und wenn nötig ersetzt. Zudem werden Schulgärten angelegt. Neben infrastrukturellen Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge werden, wo notwendig, insbesondere auch die sanitären Anlagen an den Grundschulen instandgesetzt sowie die Trinkwasserversorgung sichergestellt, um die Hygiene und Gesundheit der Kinder und Lehrkräfte zu fördern und um eine inklusive und förderliche Lernumgebung zu schaffen.

2. Regelmäßiger Schulbetrieb an Vor- und Grundschulen

Der Unterricht findet an 5 Tagen pro Woche, von Sonntag bis Donnerstag statt. Die Anwesenheit der Lehrkräfte und Schulkinder wird durch wöchentliche Besuche der Projektmitarbeitenden der Partnerorganisationen überprüft. Spezifischer Fokus wird auf den naturwissenschaftlichen Unterricht gelegt, welcher zwar im Lehrplan verankert, jedoch aufgrund von fehlenden Kompetenzen bei den Lehrkräften nur mangelhaft durchgeführt wird. Jährliche interaktive Naturwissenschaftsmessen so- wie Veranstaltungen zum “Science Film Festival“ in Kooperation mit dem Goethe Institut fördern das Interesse der Kinder an naturwissenschaftlichen Themen sowie deren lösungsorientierte und analytische Fähigkeiten.

Gemäß staatlichen Vorgaben ist eine einjährige Vorschulzeit für Kinder ab 5 Jahren in allen staatlichen Grundschulen verpflichtend. Nicht alle Grundschulen verfügen über notwendige Räumlichkeiten – dort wo Vorschulen existieren, weisen sie große Mängel in Bezug auf die Ausstattung, Unterrichtsqualität und die Anwesenheit der Kinder und Lehrkräfte auf. An 30% der Grundschulen werden mit Unterstützung der Lokalbevölkerung daher fehlende Vorschulen errichtet und diese kindgerecht ausgestattet. Für jede dieser neu errichteten Vorschulen wird zudem eine Lehrkraft eingestellt und durch das Projekt finanziert. Die bereits existierenden Vorschulen werden bedarfsgerecht unter- stützt, z.B. durch eine Verbesserung der Räumlichkeiten und die Ausstattung mit kindgerechtem Lernmaterial.

Zu Beginn des Schuljahres im Januar werden pro Schule 30 neue Vorschulkinder ausgewählt und eingeschult. Mindestens 50 Prozent der Schulkinder an den Vorschulen sind Mädchen. Dafür sprechen die Lehrkräfte gezielt Familien mit Töchtern an. Zudem werden Familien motiviert ihre Kinder einzuschulen, die in Armut leben, die Angehörige religiöser Minderheiten und indigener Gruppen sind oder Kinder mit einer Behinderung haben. Für die Durchführung des regelmäßigen Unterrichts an allen Vor- und Grundschulen werden durch das Projekt dringend benötigte Unterrichtsmaterialien für Schüler*innen und Lehrkräfte angeschafft. Diese werden durch kreative, selbst hergestellte oder gesammelte Materialien ergänzt. Beispiele dafür sind: Der Einsatz von Samen und Jutestöckchen im Mathematikunterricht oder Spielzeug aus Kokosnüssen und Blättern.

3. Förderung des kreativen Lernens und der Gesundheit

Alle Schulen organisieren jährliche Sport- und Kulturveranstaltungen, z.B. am Unabhängigkeitstag Bangladeschs oder an wichtigen internationalen Feiertagen. Die Schulkomitees sind für die Veranstaltungen verantwortlich, die Kinder unterstützen sie. Die Lokalbevölkerung wird aktiv in die Veranstaltungen einbezogen. Um eine aktive Lesekultur an den Schulen zu fördern, werden Bücherverleihe mit flexiblen Lese- und Ausleihzeiten eingerichtet sowie Lesezirkel und Lesewettbewerbe veranstaltet. Ein weiterer Fokus liegt auf Sportaktivitäten, die nachweislich wichtig für eine gesunde Entwicklung der Kinder sind und die Konzentration im Unterricht durch körperlichen Ausgleich fördern. Für die Durchführung von außerschulischen Sport- und Kulturaktivitäten sowie die Etablierung von Bibliotheken werden alle Schulen mit Sport- und Spielmaterialien, Musikinstrumenten, Bücherregalen und Büchern ausgestattet.

Zur Förderung der Gesundheit und der Vorsorge werden einmal jährlich an jeder Grundschule Gesundheitscamps für alle Mädchen und Jungen durchgeführt. Neben der Untersuchung des Gesundheitszustands der Kinder und der Austeilung ggf. notwendiger Medikamente durch Fachpersonal lokaler Krankenhäuser, werden auch praktische Tipps zu präventiven Gesundheitsmaßnahmen an die Kinder und deren Eltern vermittelt. Geschwister der Schüler*innen sowie weitere Kinder aus marginalisierten Gruppen in den Dörfern können ebenfalls teilnehmen. Bei Bedarf werden weiterführende Behandlungen oder medizinische Hilfsinstrumente, z.B. Brillen ermöglicht bzw. angeschafft.

4. Mobilisierung der Dorfgemeinschaften

Lehrkräfte, Mitglieder der Schulgremien und Mitarbeitende der Partnerorganisationen stehen in regelmäßigem Kontakt mit der Lokalbevölkerung, um deren Unterstützung für die Schulen zu stärken. Dies umfasst beispielsweise die ehrenamtliche Unterstützung von außerschulischen Aktivitäten so- wie die aktive Mitarbeit in Schulkomitees und Bildungsbeiräten (siehe Aktivität 8). Zu Beginn jedes Schuljahres werden Informationstreffen mit den Eltern aller neu eingeschulten Kinder durchgeführt, um ihr Verständnis für inklusive, hochwertige Bildung zu stärken.

5. Unterstützung durch Bildungssozialarbeiter*innen

An jeweils zwei staatlichen Grundschulen ist eine Bildungssozialarbeiter*in für die Inklusion von Kindern aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen sowie die Unterstützung von Kindern mit Lernschwierigkeiten zuständig. Zu ihren Hauptaufgaben gehören: 1) Hausbesuche, insbesondere bei den Familien von Kindern, die ein hohes Risiko für Abbrüche aufweisen, 2) Treffen mit Eltern, 3) Unterstützung der Schulkomitees und Lehrkräfte bei der Organisation außerschulischer Aktivitäten, 4) Unterstützung bei der Einrichtung von Bildungsbeiräten sowie deren Begleitung, 5) Koordinierung der Nachhilfe für Kinder mit Lernschwierigkeiten. Zudem organisieren sie Schülervertretungen an allen Schulen und unterstützen gezielt die Kinder der 5. Klasse beim Übergang an weiterführende Schulen. Zweimonatlich treffen sich alle Bildungssozialarbeiter*innen, um gemeinsam über Erfolge und Herausforderungen zu reflektieren, Lösungsstrategien zu entwickeln und die Aktivitäten des Folgemonats zu planen. Ihr Gehalt wird über das Projekt finanziert.

6. Fortbildungen zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts

Wir legen großen Wert darauf, dass die Lehrkräfte und Bildungssozialarbeiter*innen ihre Kompetenzen für die Umsetzung hochwertiger Bildungskonzepte nachhaltig erweitern. Nach einer Grundausbildung für neue Vorschullehrkräfte in altersgerechter Pädagogik sowie einem Grundlagentraining für die Bildungssozialarbeiter*innen, finden daher Halbjährliche und jährliche Follow-Up Trainings der Grundausbildung für Vorschullehrkräfte sowie zweimonatliche Auffrischungskurse statt. Dar- über hinaus gibt es regelmäßige Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen unter anderem zu außerschulischen Aktivitäten (z.B. Sport, Theater oder Musik als Ergänzung zum Unterricht), der Entwicklung von Lern- und Lehrmaterialien insbesondere für den Naturwissenschaftsunterricht (Wie können aus Alltagsmaterialien einfache, naturwissenschaftliche Experimente nachgestellt werden?), zu Methoden für die Förderung von Kindern mit Behinderung oder der Stärkung der Katastrophenvorsorge an Schulen.

Alle Fortbildungen stärken das Schulpersonal darin einen aktiven, kinderzentrierten Unterricht zu gestalten. Die Lehrmethoden beinhalten unter anderem Rollenspiele, Musik und Tanzen sowie individuelles Lernen, Teamarbeit in Zweiergruppen und Gruppenarbeiten. Die angewandten Konzepte und Module für die Schulungen werden kontinuierlich durch das NETZ-Team vor Ort weiterentwickelt. Hierfür steht unser Team in Dhaka im regelmäßigen Austausch mit anderen im Bildungsbereich tätigen Organisationen und Expert*innen, insbesondere mit der Bildungsstiftung Anandalok Trust und dem zivilgesellschaftlichen Bildungsnetzwerk CAMPE (Campaign für Popular Education, Bangladesh).

7. Kontinuierlicher Dialog mit den Eltern

Die Lehrkräfte und Bildungssozialarbeiter*innen organisieren regelmäßig Treffen mit den Eltern der Schulkinder und führen Hausbesuche bei den Familien durch. Ziel der Treffen und Besuche ist es, das Bewusstsein der Eltern für die Wichtigkeit der Schulbildung ihrer Kinder zu stärken und die individuelle Situation der Kinder besser zu verstehen. So können z.B. potenzielle Schulabbrüche früh- zeitig erkannt und verhindert werden. Besondere Aufmerksamkeit erhalten Kinder mit Behinderungen.

8. Stärkung von Schul- und Gemeindegremien und Dialog mit Bildungsbehörden

An jeder Schule gibt es infolge staatlicher Vorgaben ein 11-köpfiges Schulkomitee. Diesem gehören u.a. Eltern, Lehrkräfte sowie Führungspersönlichkeiten in den Gemeinden an. Ihre offiziellen Aufgaben umfassen z.B.: a) Sicherstellung der Anwesenheit der Lehrkräfte und Kinder, b) Akquise und Verwaltung lokaler Spenden für die Schulen, c) Monitoring von Schulaktivitäten, d) Beratung der Eltern, z.B. für die Beantragung von Stipendien bei staatlichen Stellen, e) Unterstützung der Lehrkräfte bei der Ausrichtung wichtiger nationaler und internationaler Feiertage sowie von Sport- und Kulturveranstaltungen und f) Unterstützung bei der Auswahl der Schüler*innen.

Um diese meist inaktiven Komitees an den Schulen zu aktivieren und zu stärken, werden an allen Schulen Bildungsbeiräte gegründet (je 15 Mitglieder) und ihre Mitglieder im Rahmen von Trainings und Orientierungstreffen für ihre Aufgaben gestärkt. Die Beiräte bestehen aus aktiven Mitgliedern der jeweiligen Schulkomitees, des Bildungsausschusses der jeweiligen Gemeinderäte, Eltern, Lehrkräften, ehemaligen Schüler*innen und weiteren Mitgliedern der Lokalbevölkerung, z.B. Geschäftsleute und pensionierte Lehrkräfte. Alle Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich. Zu den Zielen der Bildungsbeiräte gehört u.a. die Stärkung der Beteiligung der Eltern an den Schulen, z.B. durch regelmäßige Treffen zwischen Lehrkräften und Eltern. Die Bildungsbeiräte organisieren zudem lokale Spendensammlungen, um zur Verbesserung der Infrastruktur der Schulen beizutragen, und unterstützen außerschulische Veranstaltungen. Im Rahmen von regelmäßigen Treffen in den Schulräumlichkeiten reflektieren die Mitglieder schulbezogene Herausforderungen und entwickeln gemeinsam Strategien zur Problemlösung sowie gemeinsame Aktionen. Halbjährlich finden solche Treffen gemeinsam mit Mitgliedern der Bildungsbeiräte der anderen unterstützten Schulen auf Unterdistrikt-Ebene, sowie jährlich auf Distrikt-Ebene statt. Zudem stehen die Mitglieder der Beiräte – unterstützt durch die Bildungssozialarbeiter*innen – in regelmäßigem Kontakt mit Mitarbeitenden von Bildungsbehörden von Gemeinde- bis Distrikt-Ebene und engagieren sich aktiv für die Verbesserung der Rechenschaftspflicht und Aufsichtsfunktion der Behörden und der Bildungsqualität an staatlichen Schulen. Die Erfahrung zeigt, dass die Bildungsbeiräte sehr häufig bereits zum Projektende überflüssig werden, da ihre Vertreter*innen sukzessive in die Schulkomitees gewählt werden und diese ihre offiziellen Aufgaben umfassend wahrnehmen.

In allen Projektgemeinden wird in Kooperation mit den gewählten Gemeinderäten, insbesondere der*dem Bürgermeister*in und den Mitgliedern des Gemeindeausschusses für Bildung, ein Bildungsforum ins Leben gerufen. Dieses Forum hat das Ziel, die bislang wenig aktiven Bildungsausschüsse bei der Koordination von Bildungsaktivitäten in den Gemeinden zu stärken und die Bildungsqualität vor Ort zu verbessern. Neben dem Gemeinderat nehmen lokale zivilgesellschaftliche Akteure, Vertreter*innen von marginalisierten Gruppen und staatlichen Grundschulen an den Bildungsforen teil, einschließlich Schulen, die nicht direkt vom Projekt unterstützt werden. Die Einbindung der Gemeinderäte trägt zur langfristigen Nachhaltigkeit der Bildungsforen bei und fördert den Aufbau von Vertrauen und Kooperation zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren im Bildungsbereich. Regelmäßig finden Netzwerktreffen der Bildungsbeiräte und Bildungsforen statt um u.a. Erfolge und Herausforderungen aus den einzelnen Grundschulen zu teilen und reflektieren so- wie jährliche Advocacy-Treffen mit regionalen Bildungsbehörden zu planen.

9. Förderung des sozialen Engagements der Schulkinder

An allen Schulen werden jährlich Schüler*innen-Vertretungen gewählt, bestehend aus jeweils sieben Mädchen und Jungen aus den Klassen 3 bis 5. Sie übernehmen Aufgaben rund um den Schulbetrieb, bspw. die Pflege des Schulgartens und Instandhaltung des Schulgeländes, das Führen der Anwesenheitslisten, die Organisation des Bücherverleihs und die Mitwirkung bei der Organisation von Sport- und Kulturveranstaltungen. Zudem sind sie Ansprechpersonen für ihre Mitschüler*innen. Die Wahlen der Vertretungen stärken zudem das Bewusstsein der Kinder für demokratische Strukturen und Prozesse.

10. Übergang an weiterführende Schulen

Alle Kinder, die die Grundschule erfolgreich abgeschlossen haben, werden dabei unterstützt, sich an weiterführenden Schulen einzuschreiben und ihren Bildungsweg fortzusetzen. Die Bedeutung der Sekundarschulbildung wird regelmäßig in Elterntreffen thematisiert. Zudem stehen die Lehrkräfte und Bildungssozialarbeiter*innen in engem Kontakt mit lokalen Sekundarschulen und Bildungsbehörden, um die Aufnahme sicherzustellen und um insbesondere Kinder aus marginalisierten Gruppen und Mädchen zu fördern. Ferner unterstützen sie die Eltern der Schulkinder bei der Beantragung von staatlichen Stipendien für weiterführende Schulen, die dafür anspruchsberechtigt sind. Neben der technischen Unterstützung aller Absolvent*innen bietet das Projekt eine bedarfsgerechte Unterstützung, z.B. durch die Bereitstellung zusätzlicher Lernbücher, von Schultaschen, Schulkleidung und Einschreibegebühren für Kinder aus in Armut lebenden Familien.

Erfahrungen aus vorherigen Projekten mit staatlichen Schulen in anderen Regionen Bangladeschs zeigen, dass durch die Unterstützung und vor allem die Einbindung von Bildungssozialarbeiter*innen sehr große Erfolge erzielt werden können. Zum Beispiel reduzierte sich die Abbruchrate deutlich, wohingegen die Anwesenheit der Lehrkräfte und Schulkinder anstieg. Durch die Aktivierung der Schulkomitees und Bildungsforen konnten zudem zustehende Leistungen bei den lokalen Bildungsbehörden eingefordert und für die Schulen genutzt werden.

11. Gesundheit für Mütter und Kinder

Das Projekt fördert die Gesundheit von Kindern auf vielfältige Weise und verbessert strukturell die Situation von Müttern und Kindern. Einige Beispiele:

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist in entlegenen Gebieten Bangladeschs und insbesondere für Kinder aus benachteiligten Familien nicht sichergestellt. Einmal jährlich findet daher an jeder Grundschule des Projekts ein Gesundheitscamp für alle Schüler*innen statt. Neben der Untersuchung des Gesundheitszustands der Kinder und der bedarfsgerechten Austeilung ggf. notwendiger Medikamente durch lokale Ärzt*innen werden auch praktische Tipps zu präventiven Gesundheitsmaßnahmen an die Schüler*innen und deren Eltern vermittelt. Geschwister der Schüler*innen sowie weitere Kinder aus marginalisierten Gruppen in den Dörfern können ebenfalls teilnehmen. Bei Bedarf wird bei medizinischen Eingriffen oder der Anschaffung z.B. von Brillen unterstützt.

Ein großes Gesundheitsthema, besonders auch für Frauen und Kinder, ist in den Küstenregionen Bangladeschs die Wassersituation. Viele Schulen in der Projektregion verfügen zu Projektbeginn über keine Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Daher müssen die Schüler*innen regelmäßig das Schulgelände verlassen, um in der Nachbarschaft oder zu Hause Wasser zu holen, was wiederum zu hohen Fehlzeiten führt und negative Auswirkungen auf die Sicherheit der Kinder hat, da sie sich regelmäßig unbegleitet von der Schule entfernen müssen. In den Familien sind insbesondere Frauen für die Beschaffung von Trinkwasser zuständig und müssen dafür weite Wege mit schweren Krügen zurücklegen. Insbesondere für jüngere Kinder ist schlechtes Trinkwasser ein Gesundheitsrisiko. Da- her werden an den in allen Schulen im Projekt eingerichteten Vorschulklassen Wasserfilter zur Sicherstellung von sauberem Trinkwasser angeschafft, welche von allen Schüler*innen der Schulen genutzt werden können. Bei Abnutzung wird ein Teil der Wasserfilter im Projekt bedarfsgerecht aus- getauscht.

Auch die sanitären Anlagen an den Grundschulen werden instandgesetzt und regelmäßige außer- schulische Sportaktivitäten fördern die Gesundheit der Kinder. Die Gesundheit der Familien wird von den Schulsozialarbeiter*innen gezielt unterstützt. Sie organisieren u.a. Elterntreffen, in denen es u.a. um die Gesundheit der Kinder im engeren Sinne geht, aber auch die der Familien geht, z.B. von kleineren Kindern bis zum Eintritt in die Vorschule und ihren Müttern.

Der vielleicht wichtigste Beitrag für die Gesundheit von Müttern und Kindern ist im Hauptziel des Projekts angelegt. Denn die für die Gesundheit von Mädchen und ihren Kinder sehr schädlichen Kinderehen sind eng mit ihren Schulabbrüchen verbunden – und andersherum spielen Schulen beim Vorgehen gegen Kinderehen ebenso eine hervorragende Rolle. Kinderehen sind ein wichtiger Grund für Schulabbrüche, vor allem bei Mädchen in den Klassen 4 und 5. Die Programmgebiete weisen weltweit mit die höchsten Raten an Kinderehen auf: über drei Viertel der Mädchen werden vor dem 18. Lebensjahr verheiratet, bei marginalisierten Familien sind es noch mehr. Durch eine qualitativ gute Bildung für alle Kinder und dem Verbleib von Mädchen in der Schule wird Kinderehen vorgebeugt. Durch den regelmäßigen Kontakt und das gute Verhältnis der Lehrkräfte und Bildungssozialarbeiter*innen mit den Eltern können im Fall eines sich anbahnenden Schulabbruchs umgehend gemeinsam Lösungen entwickelt werden, die den Abbruch verhindern. Lokale Eliten, z.B. Gemeinderatsmitglieder, helfen gegen sich anbahnende Kinderehen. Um Kinderehen und Schulabbrüche zu verhindern, bietet das Projekt zudem Strategien für einen reibungslosen Übergang von Mädchen zur Sekundarstufe. Die Auswertung vergangener Projekt zeigt, dass der spezifische Fokus der Projektaktivitäten auf Mädchen, z.B. durch die gezielte Erhöhung ihrer Einschulungsrate und Maßnahmen zur Sicherstellung ihres Verbleibs in den Schulen, in ehemaligen Projektregionen bis heute Kinderehen entgegenwirkt.